Mein persönlicher Rückblick 2017 (#2)
Hallo, ich bin Hochsensibel
Mein Leben ist eine Achterbahnfahrt. Bloß keine Pause, bloß nicht zur Ruhe kommen und bloß nicht scheitern. Schneller, höher, weiter. Das Größte ist mir nicht groß genug und das Schnellste ist mir nicht schnell genug. Ich könnte an dieser Stelle über so viele überwältigende Themen aus dem Jahr 2017 berichten, doch wo fange ich an? Was war meine größte Entwicklung? Was meine stärksten Themen? Sind es Themen wie Yoga, Persönlichkeitsentwicklung, Lauferfahrungen, Konferenzen, Seminare oder aber fachliche Themen wie meine Snapchat Spectacles, der Bitcoin Boom, KI (Künstliche Intelligenz), Google Updates, Chatbots, Voice UI oder mein Steckenpferd UX/UI?
Heute ist der 19. Dezember 2017 und ich schreibe die ersten Zeilen von meinem Jahresrückblick nieder. Drei Worte fassen mein Jahr sehr gut zusammen: Arbeit, Arbeit, Arbeit. Wenn ich nicht gerade gearbeitet habe, waren Yoga, Meditation und regelmäßige Läufe meine ständigen Begleiter.
Das Jahr fing mit einem einmonatigen intensiv Coaching mit Laura Malina Seiler (Rise Up & Shine University) an, was mein Leben grundlegend veränderte. Ich beschäftigte mich seitdem ausgiebig mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung. Mein Alltag und meine Denkmuster haben sich seit dem grundlegend verändert. Doch das soll heute nicht das Hauptthema sein. Was bewegte mich 2017 und was möchte ich mit der Welt teilen?
Neben meiner Festanstellung als UX/UI Designerin arbeite ich seit fast zehn Jahren als freie Kommunikationsdesignerin unter dem Namen franzidesign. 2017 war beruflich ein sehr bewegtes Jahr. Zwei freie Projekte mit denen ich Erfolge erzielte, vielen Dank fĂĽr das Vertrauen meiner Kunden an dieser Stelle, aber auch zwei Projekte die gescheitert sind. So ist nun mal das Leben, es dreht sich immer weiter und auf jeden Fall eine weitere Lektion fĂĽr das neue Jahr:
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„Vorsicht bei der Zusammenarbeit mit bestimmten Kundengruppen oder Dienstleistungen.“
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Fazit fĂĽr 2018: Endlich wieder mehr Projekte in denen ich mich und meinen eigenen Stil verwirklichen kann, Projekte die SpaĂź machen.
Seit Mai 2016 arbeite ich Vollzeit an einem neuen Projekt, dass im Mai dieses Jahres online gegangen ist. Es folgte die Festanstellung als Lohn und Vertrauen in meine Arbeit. Das aktuelle Projekt war nach meinem Startup votingLAB das nächste große Projekt, was durch die Decke gehen sollte. Doch alles kam wieder anders als geplant. Das Projekt wurde im Herbst auf Eis gelegt. Aktuell will und kann ich an dieser Stelle nicht näher auf das Thema eingehen, da es zu komplex und nicht öffentlich geteilt werden darf.
2017 war ein Jahr mit vielen HĂĽrden, die ich mit Bravour gemeistert habe und auf die ich stolz bin. Egal ob fachliche Qualifikation oder privat war es ein herausragendes Jahr.
Im November gab es die verdiente Auszeit fĂĽr meine MĂĽhen. Vier Wochen Rundreise durch Myanmar, um an meinem Herzensprojekt dem Rucksackblog (www.rucksackblog.de) weiterzuarbeiten und neue Kraft fĂĽr das kommende Jahr zu tanken. Grandiose EindrĂĽcke, die ich nie vergessen werde.
Nach vier Wochen reisen kam ich nach Berlin zurück. Ich funktionierte von null auf Hundert, alles war beim Alten. Neues Projekt mit einem neuem Team – doch irgendetwas war anders bei mir.
Im Dezember kam dann die Abrechnung und mein Körper streikte. Beim IKEA Besuch nach dem Büro überkam mich ein plötzlicher Panikanfall. Von einer Sekunde auf die nächste stand ich mit meinem Einkaufskorb mitten in der Menge. Mir war alles zu viel, die Geräusche wurden immer lauter und ich konnte keinen klaren Gedanken fassen und musste das Gebäude verlassen. Ich hatte panische Angst nicht mehr zu funktionieren. Ich hatte die Kontrolle über mich verloren – alles war mir zu viel.
Trotz Anfall bin ich weiter ins Büro gegangen, alles funktionierte tadellos und niemand bemerkte etwas doch die Situation verschlimmerte sich. Ab diesem Zeitpunkt habe ich in vielen Situationen Geräusche intensiver wahrgenommen, war gestresst, konnte keinen klaren Gedanken fassen und war gereizt. Ich hatte panische Angst jeden Moment umzukippen und die Kontrolle über mich zu verlieren. Es gab keinen anderen Ausweg, ich musste zum Arzt. Die Diagnose: F-48.O.G. In der Gesellschaft auch verbreitet unter dem Namen „Burnout“ Syndrom. Blutbild, EKG und drei Wochen Büroverbot und Abstand von der Arbeit.
Ich wurde in meinem Leben noch nie, so lange krankgeschrieben. Mit 34zig mein zweites Burnout? Wo ist meine Lebensfreude geblieben? Hatte ich im November doch erst vier Wochen Jahresurlaub und bin nach zwei Wochen Büro ausgebrannt? Die Worte der Ärztin: „Ihr Zustand ist aktuell nicht tragbar!“ Ich war fassungslos und brach zusammen.
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Die Reaktionen aus meinem Umfeld: Burnout?
… aber wo hast du den Stress?
… aber hast du etwa private Probleme?
… aber du hast doch eine Festanstellung.
… aber du hast doch Geld für deine Leistung bekommen.
… aber du hast doch kein Risiko.
… aber du bist doch noch jung.
… aber du arbeitest doch nicht schwer körperlich.
… aber, aber, aber…
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Niemand versteht mich. Wirklich niemand? In der heutigen Leistungsgesellschaft hat doch jeder Zweite Burnout. Ein Trend, eine Modeerscheinung. Dabei arbeite ich in meinem absoluten Traumberuf, der mich erfüllt. Nicht eine Sekunde würde ich über einen anderen Beruf nachdenken. Jeden Monat ein geregeltes Einkommen, keine privaten oder familiären Probleme, kein Risiko.
Warum Burnout und warum gerade ich? Ich habe lange überlegt, ob ich das Thema mit der Welt teilen und die Schwäche zugeben sollte. Doch warum soll der Mensch nicht Mensch sein und seine Schwächen zeigen und seine Erfahrungen teilen? Vielleicht gibt es Menschen, denen ich helfen kann. In meinem Studium und der parallelen Selbstständigkeit hatte ich zuvor schon Mal ein Burnout. Aus dem letzten Burnout hatte ich viel gelernt, ich wurde achtsamer zu mir und habe mich wieder auf meine wirklichen Ziele fokussiert. Mein Körper zog die Notbremse und ich lernte aus meinen Fehlern.
Diesmal steckte ich wieder im Arbeitsmodus fest und ich hatte alles andere um mich vergessen. Eine Aufgabe nach der nächsten, einfach funktionieren dabei hatte ich vergessen, worauf es wirklich im Leben ankommt – nämlich mich selbst. Entweder mache ich so weiter wie zuvor bis ich irgendwann wieder zusammen breche oder ich höre auf meinen Körper, nehme die Signale ernst und bin endlich achtsamer mit mir.
Was war der Auslöser?
Vor über 1,5 Jahren habe ich mich nach meiner langjährigen Selbstständigkeit für eine Festanstellung entschieden. Warum? Weil mich das aktuelle Thema begeistert. Ich hatte mit meinem Startup votingLAB an der TU Berlin und danach an der Beuth Hochschule an einer ähnlichen Thematik gearbeitet. In dem Projekt hatte ich nun endlich ein großes Team mit ganz anderen Möglichkeiten, als wir uns es damals in unserm Team erträumt hätten. Am Anfang war es eine große Umstellung von der permanenten Erreichbarkeit, ohne geregelten Urlaub und Krankheit in die Festanstellung mit geregelten Arbeitszeiten – ein Traum. Ich hatte wieder Zeit für mich – doch mit dem Druck wuchs auch mein Fokus. Ich konnte an nichts anderes außer Arbeit denken.
Im Mai dieses Jahres wurde das neue Produkt der Welt präsentiert, der große Erfolg blieb aus. Es war ein beruflicher Rückschlag. Das Projekt war mein Lebensfokus und nun wurde es auf Eis gelegt. Gehen sie zurück auf Los. Die Situation war ein Rückschlag für meine Arbeit des letzten Jahres. Projekt „Zurück auf Los“ scheiterte, ich war machtlos. Ich hatte mich für eine andere Vision anstellen lassen und nun ist alles vorbei? Wie eine bunte Seifenblase, die platzt. Festplatte gelöscht.
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Hochsensibel und Burnout
Voller Herzblut steckte ich all meine Energie in das neue Projekt doch es scheiterte. Auf meiner einmonatigen Reise durch Myanmar hat mein Körper das Jahr verarbeitet. Er ist durch die Ablenkung heruntergefahren. Stopp! Bis hier hin und nicht weiter. Er hat sich gegen die Situation gewährt. Die Ampel schaltete auf Rot.
Durch die Persönlichkeitsentwicklung habe ich dieses Jahr den Grund gefunden. Warum ist mein Leben eine Achterbahnfahrt? Warum komme ich einfach nicht zur Ruhe und muss immer nach der Perfektion streben? Aufmerksam bin ich durch unzählige Artikel, Blogs und Videos im Internet geworden. Im Laufe des Jahres habe ich durch Workshops und Seminare festgestellt, dass ich Hochsensibel bin und eine andere Wahrnehmung auf die Umwelt habe als die meisten anderen Menschen um mich herum. Ich beschäftigte mich immer tiefer mit dem Thema. Die Beschreibungen und Erfahrungen von betroffenen Personen sind wie ein Spiegel meiner Seele. Endlich Menschen die mich verstehen. In den letzten Monaten wurde sehr viel über das Thema hochsensible Menschen berichtet. Nein, das ist kein Trend Thema und auch keine neue Modekrankheit. Laut Statistik sind 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung hochsensibel. Es ist eine angeborene, Geschlechts-unabhängige und genetisch bedingte Form von Intelligenz, also eine spezifische Ausprägung von Hochbegabung. Hochsensible Menschen sind besonders kreativ, empathisch und innovativ. Ich nehme mich und meine Umwelt intensiver wahr. Hochsensible Personen grübeln viel und weinen häufiger. Ich erkenne Fehler häufig schneller als andere und habe eine hohe soziale Kompetenz, die vielen manchmal auch einfach zu viel ist. Ich kann mich gut in andere hineinversetzen, reflektiere öfter als andere. In bestimmten Fällen kann es hinderlich aber auch förderlich sein, wenn man weiß, dass jemand diese Eigenschaft besitzt. Wird das Potenzial erkannt, ist es sehr effizient, wenn nicht dann leiden hochsensible Menschen stark. Kreative Personen benötige Freiraum, um frei zu denken und kreativ zu sein. In meinem Berufsfeld ist das noch relativ einfach, da mein Beruf von den meisten Menschen als kreativ wahrgenommen wird. Viele andere hochsensible Personen haben es da schwerer.
Video: Hochsensible Menschen – Fühlen ohne Filter
Dauer: 5 Minuten, 24.08.2017
Link: https://www.zdf.de/verbraucher/volle-kanne/hochsensible-menschen-102.html
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Hochsensibel? Wie wirkt sich das auf das Umfeld aus?
‍Hochsensibilität ist schwer erkennbar. Viele Betroffene sind sich der Eigenschaft nicht bewusst und auch gern verdrängt wird.
Bis vor ein paar Monaten wusste ich auch noch nicht, dass ich hochsensibel bin.
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Es gibt verschiedene Indizien, die auf Hochsensibilität hinweisen können:
- Besonders kreatives Potenzial
- Unkonventionelles Denken
- Blick ĂĽber den Tellerrand
- Differenzierte Aussagen
- Erhöhter Zeitaufwand zur Aufgabenlösung
- Ausgeprägter Blick für Feinheiten und Details
- Tendenz zu Perfektionismus
- Ausgeprägte Intuition
- Vermögen sich in das Gegenüber hineinzuversetzen
- Scheinbar schĂĽchternes, zurĂĽckhaltendes Verhalten
- Häufige Gedankensprünge, Nervosität, Unsicherheit
- Verstärkte Reaktionen auf Veränderungen
Quelle: https://www.perso-net.de/rkw/Hochsensible_Mitarbeiter
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Personen, die mich kennen, können das wahrscheinlich so unterschreiben. Seitdem ich es weiß, sehe ich es auch nicht mehr als Schwäche, sondern als Stärke. Es ist eine besondere Wahrnehmungsbegabung. Bilder und Emotionen gehen bei mir schneller in das Unterbewusstsein. Ich nehme die Informationen und Reize intensiver wahr als andere, verarbeite diese tiefer und stellen den Informationsgehalt automatisch in den Kontext ihrer bisherigen Erfahrungen was beruflich von Vorteil ist und den Erfolg von nun fast zehn Jahren franzidesign bestätigt.
Immer komplexer werdende Märkte erfordern dynamische Teams. Hochsensible Mitarbeiter besitzen ein ausgeprägtes Vermögen, Komplexität in einzelnen Facetten zu erfassen, sowie innovative und kreative Ideen zu entwickeln. Wir haben eine ausgeprägte Intuition, mit der wir frühzeitig Strömungen und Trends erkennen können. Wir lesen zwischen den Zeilen und können die unterschiedlichen Perspektiven synchronisieren wodurch neue Produkte und Lösungen entstehen. Wir spüren Defizite schneller auf und können durch unsere Einfühlsamkeit einen großen Beitrag leisten.
Problem nur, dass Empathie und Sensibilität in unseren Breitengraden noch Neuland für Unternehmen ist. Google und Apple haben es schon heute erkannt und fördern hochsensible Mitarbeiter, sie haben das Potenzial für interdisziplinäre Teams erkannt, denn hochsensible Menschen sind besonders kreativ, produktiv und innovativ im Handeln.
Das Jahr 2017 ist nun vollendet so wie die Phönix Tätowierung auf meinem rechten Arm. Ein mythischer Vogel – ein Sinnbild der Wiederauferstehung aus der eigenen Asche. Er verkörpert die Leidenschaft für Dinge zu brennen, zu kämpfen und immer wieder aufzustehen. Ich schätze meine besondere Gabe und sehe das letzte Jahr als große Chance und werde ab jetzt achtsamer mit mir umgehen. Gerade in diesen schweren Phasen lernt man am meisten und wächst über sich hinaus. Nach jedem Tief kommt ein Hoch. Umso größer das Problem oder die Konfrontation, umso größer die Lernkurve. Ich liebe die Herausforderung, ich liebe meine Berufung, ich will mich wieder selbst spüren und freue mich riesig auf die neuen Herausforderungen und das neue Jahr! Ich bin gespannt…
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