Smartes Gemüsebeet. Internet-Gardening statt Urban Gardening

Statt im Garten der Familie in Falkensee sich die Hände bei der Gartenarbeit dreckig zu machen hat franzidesign dieser Saison das digitale Gemüsebeet von IP Garten getestet.
Mit dem Berliner Start-up IP Garten können Großstädter seit dieser Saison bequem von zu Hause aus ihr eigenes Gemüse anbauen, bewässern und überwachen. Das Besondere daran? Sie tun das, ohne selbst eine Gießkanne in die Hand zu nehmen oder dreckige Hände zu bekommen. Wie das geht? Alles ganz bequem vom Rechner oder Handy aus.


Es war August 2015, Moni D. und ich arbeiteten an unserer zweiten Print Ausgabe des möRRR Magazins mit dem Titel „NEU DENKEN“. Wir waren auf der Suche nach neuen innovativen Ideen von mutigen Menschen, die etwas bewegen und über die wir in der nächsten Ausgabe der möRRR berichten konnten. Wie der Zufall es wollte, bin ich über Facebook auf Martin Kruszka aufmerksam geworden. Martin war Mitte vierzig mit einem eher unscheinbaren Äußeren und alles andere als der hippe Gründer aus Berlin. An das Treffen kann ich mich noch genau erinnern: Martin kam mit einer übergroßen Zucchini in mein Büro in die Gründerwerkstatt in Schöneberg. Moni war beim Anblick der übergroßen bio Zucchini sprachlos. Das soll bio sein? Martin konnte über die Reaktion nur schmunzeln – 100 Prozent und frisch vom Acker, natürlich.
Moni stellte neugierig ihre Fragen und füllte ihr Notizbuch mit Anmerkungen und Fakten für den Artikel. Martin erzählte uns, wie die Idee entstanden ist: Er hatte ein Grundstück im Umland von Berlin und große Freude am Gärtnern. Problem nur: das Grundstück war zu weit weg, um sich jeden Tag um die Pflanzen zu kümmern. Anfangs installierte er Zeitschaltuhren für Sprinkleranlagen und Überwachungskameras. Die Idee vom IPGarten war geboren: ein smartes Grundstück mit Kameras und Sensoren.
Sein Konzept klang verrückt. Die Idee: Er wollte ein reales Farmville auf den Markt bringen, wo Menschen digital von zu Hause oder unterwegs aus, ihr eigenes Stück Land bewirtschaften können. Der Unterschied zu dem Onlinespiel Farmville: Man baut echtes Gemüse an, was nach der Ernte zu einem nach Hause kommt, ohne das man selber dafür auf das Feld muss. Jeder Städter soll die Möglichkeit haben sein eigenes Gemüse per Mausklick auszusäen und den Boden zu bewässern – so wie bei einem richtigen Garten. Das Prinzip ist einfach: Ein Videomast liefert eine Live-Aufnahme von der eigenen Parzelle zur Überwachung. Kameras überwachen das Gemüsebeet und Sensoren schlagen Alarm, wenn die Tomatenpflanze doch mal wieder gegossen werden sollte so die Wunschvorstellung. Ein Blick auf die Live-Aufnahme, ein Mausklick vom Sofa aus, und schon kümmert sich ein Bauer um das Gemüse.
Das Konzept vom IPGarten war zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen und die Firma noch nicht gegründet. Es klang verrückt, wir entschieden uns ein Interview zu veröffentlichen und verfolgten das Konzept vom IPGarten mit großer Spannung.

Foto: Moni D. und Martin Kruszka, Gründerwerkstatt August 2015



Tomaten, Kohlrabi und Kürbis per Mausklick?

Ende 2015 war es dann endlich so weit und die zweite Ausgabe der möRRR erblickte die Welt. Wir berichteten über das neue Online-Garten Start-up in unserer Printausgabe.

Link zum Artikel: möRRR


Nach der Veröffentlichung des Artikels war es still. Ende 2016 ging es richtig los, Martin gründete zusammen mit Torsten Hütter das Unternehmen IPGarten. Schritt für Schritt hielten sie nach Gründermentalität an ihren Zielen fest und 2018 war es dann so weit und die ersten Kunden konnten ihre eigenen Parzellen bewirtschaften. 400 IPGarten-Parzellen wurden vermessen und vernetzt. Ein Brunnen wurde gebohrt, um die 100 Masten wurden aufgestellt und die erste Saison konnte beginnen.
Am 21.04.2018 bekam ich eine Auftragsbestätigung. Farmville in echt – franzidesign mit smartem IP Beet. Ab Ende April konnte das erste Gemüse angepflanzt werden. Es gab 50 Pflanzensorten zur Auswahl. Darunter eine Blumenmischung, ein Kräutermix aus 6 Kräutern sowie 35 Gemüse- und drei Salatsorten.
Eine Parzelle hat eine Größe von 16 m² auf der 16 unterschiedliche Dinge angepflanzt werden können. Ich entschied mich für Kartoffeln, Tomaten, Bohnen, Gurken, Kohlrabi, Schnittlauch, Spinat, Kürbis (Butternut und Hokkaido), Blumenkohl, Kohlrabi, Rote Beete, Salbei und Blumen für die Bienen zum Bestäuben der Blüten.

Foto: IPGarten (möRRR)

Die Kosten

Eine Parzelle kostet 395 Euro im Jahresabo, monatlich also rund 33 Euro zzgl. 2 € pro Liefergebühr. Die ersten Monate war die Liefergebühr frei. Die Parzellen werden vor Ort von regionalen Bauern bewirtschaftet, die sich um die Pflanzen und den Boden kümmern. Zusatzleistungen werden extra berechnet wie z. B. per Mausklick Kartoffelkäfer absammeln lassen, den Landwirt eine Frage stellen oder aber die Pflege für 4 Wochen an einen Gärtner übergeben, wenn man gerade im Urlaub ist. Mehrmals in der Woche habe ich die Parzelle über mein Nutzerprofil am Laptop zu Hause oder aber vom Handy aus überwacht. In meinem Nutzerprofil kann ich jederzeit sehen, was schon geerntet wurde oder aber die Parzelle per Liveaufnahme sehen. Sind bestimmte Stellen abgeerntet, kann nachgepflanzt werden – ganz schön smart. Zusätzlich bekommt jeder Nutzer wöchentlich einen Newsletter mit aktuellen Informationen rund um den IPGarten.

Foto: Onlineprofil

Die erste Erntekiste

Am 21. Juni war es dann so weit und die erste Erntekiste wurde geliefert – es gab frischen Spinat und regionale Hanf Schokolade als Geschenk obendrauf. Einmal die Woche wird geerntet, natürlich analog. Jeden Donnerstag bekomme ich ein Foto mit der Erntekiste per E-Mail. Somit weiß ich einen Tag zuvor schon was mich erwartet.

Foto: Die erste Erntekiste


Jeden Freitag wird mir das Erntegut direkt nach Hause geliefert. Ohne lästiges Einkaufen oder Tragen steht das Gemüse vor meiner Haustür, dass Einzige was ich machen muss – das Gemüse verarbeiten und mich entscheiden was ich leckeres damit zubereiten möchte. Hat man keine Zeit für die Verarbeitung, kann man das Gemüse auch an die Berliner Obdachlosenhilfe spenden. Ein richtiger Garten mit der zugehörigen Bewirtschaftung ist für mich zeitlich nicht realisierbar, dass Konzept vom IPGarten ist eine tolle Alternative mich nachhaltig und transparent zu ernähren.
Erst Spinat in Mengen danach Zucchini in all möglichen Variationen und zum Herbst hin Kürbis. Suppe, Auflauf, Gemüsepfanne – entweder frisch zubereitet oder aber für die kalten Wintermonate eingefroren.

Heute Nachmittag klingelte es an meiner Tür und ein netter junger Mann namens Lukas brachte mir die letzte Erntekiste für diese Saison direkt vor die Eingangstür.
Trotz extremer Hitze und Trockenheit hat der IPGarten laut eigenen Angaben bisher ca. 4,5 t Gemüse auf 1 ha IP Garten-Acker geerntet. Die Ernteausfälle in dieser Saison lagen bei ca. 30 %. Diese konnten aber durch Erntezugaben aus Referenzparzellen gut ausgleichen werden. Somit konnte ich mich über zusätzliche Gemüsesorten wie z. B. Porree, Zwiebeln, Schnittlauch oder aber Thymiane erfreuen die ich nicht angebaut hatte. Statt das gute Gewissen im Bioladen zu befriedigen, geht das Konzept vom IPGarten noch ein Stück weiter. Es muss nicht die ewig gereiste Avocado oder der Chiasamen sein. Saisonaler Anbau, 100 Prozent fair und bio ist das Motto. Smarter nachhaltiger Anbau.


Werde auch du IP Gärtner*in und sei in der nächsten Saison (2019) dabei uns sichere dir deine eigene Parzelle.


Der Link zum Anbieter: https://ipgarten.de